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Mr. Startup Peter Thiel

Mr Startup hat den Internet-Bezahldienst Paypal mitgegründet und für 1,5 Milliarden Dollar an Ebay verkauft. Wenig später hat er als Erster einem jungen Harvard-Aussteiger namens Mark Zuckerberg Geld für dessen Startup „The Facebook“ gegeben. Er hat einen Hedgefonds gegründet und mit erfolgreichen Wetten gegen die Finanzkrise groß gemacht – aber den Fonds dann wieder zugrunde gerichtet. Politisch engagiert er sich gegen seine eigenen Interessen: Obwohl er schwul ist, unterstützt er den republikanischen Tea-Party-Vorkämpfer Ron Paul. Beliebt macht man sich damit nicht im Silicon Valley. Doch der Mann tut es trotzdem. Und er gibt Geld für die Entwicklung von Wohnplattformen im Ozean, deren Bewohner so der Gesetzgebung aller Staaten und ihrer Bürokratie entfliehen sollen.
Peter Thiel stellt sich nicht ins Zentrum des Geschehens, sondern bescheiden an die Seite und betrachtet den Raum. So zurückhaltend er im Umgang ist, so deutlich sind seine Ideen. „Technologien entwickeln, die die Gesellschaft auf die nächste Ebene bringen.“ Dazu sucht er den Dissens geradezu, wenn auch nicht um des Streites willen. Manchmal fragt er sich, ob man innovativ sein kann, ohne so viel Unruhe zu stiften. Doch im Prinzip glaubt er: Wo andere gleicher Meinung sind, lohnt sich oft das Engagement nicht.
Er bezeichnet sich als „liberal, in gesellschaftlichen Fragen progressiv, in Fragen des Staatshaushalts konservativ“. So eine Partei gibt es in Amerika aber nicht. „Es wird in den nächsten Jahren zusätzliche Rechte für Schwule geben, je schneller, desto besser. Ich bin da optimistisch. In wirtschaftlichen Fragen bin ich aber gar nicht optimistisch“, sagt Thiel. Er fürchtet einen Staatsbankrott – also engagiert er sich vor allem in diesen Fragen. So eine Haltung hat er auch in seinen Investitionen. Er hat sie zusammengefasst in Form einer Frage, die er inzwischen jedem Bewerber stellt: „Für welche wichtige Wahrheit finden Sie bei anderen nur wenig Zustimmung?“

Neues Projekt Seasteading: Staaten entfliehen: Auf dem Ozean gelten die Gesetze der Land-Staaten nicht. Darum will das „Seasteading Institute“ dort Wohnplattformen schaffen, die die Flucht aus der staatlichen Bürokratie ermöglichen.
Facebook zum Beispiel hatte eine wichtige Wahrheit entdeckt, sagt Peter Thiel heute: Damals glaubten alle, Kommunikation im Internet müsse anonym stattfinden, unter Spitznamen und Pseudonymen. Facebook dagegen setzte von vornherein darauf, dass die Menschen unter ihrem richtigen Namen kommunizieren wollen. Und setzte sich damit durch. Thiel traf Firmengründer Mark Zuckerberg über den einflussreichen Freundeskreis ehemaliger Paypal-Mitarbeiter, ließ sich von dem Konzept überzeugen und gab 500.000 Dollar. Für Zuckerberg hatte er nur einen Rat: „Versau es nicht.“ Trotzdem glaubt der frühere Facebook-Spitzenmanager Matt Cohler, dass Thiel für den Erfolg des Netzwerks wichtig gewesen sei: indem er Mark Zuckerberg immer wieder darin bestärkt habe, das Netzwerk schnell zu vergrößern.
Thiels entschiedener, eigenständiger Investitionsstil ist nicht leicht nachzumachen. Denn es ist zwar einfach, eine Außenseiter-Position einzunehmen – aber es ist schwer, damit recht zu haben. Thiel schafft es immer wieder. Reiner Zufall? Das kann keiner wissen. Sicher ist: Wer ihn wirklich kennt, lobt, wie schnell und tief Thiel denkt. Selbst der ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow bezeichnet seinen Freund Peter Thiel als „sehr intelligent“. Und er hat sich großes Ansehen erworben. Die Samwer-Brüder, die mit deutschen Kopien amerikanischer Startups reich geworden sind – beim Namen ihres Beteiligungsfonds haben sie sich an den Namen von Thiels Fonds angelehnt: Thiel hat den „Founders Fund“ gegründet, die Samwer-Brüder den „European Founders Fund“.

Thiel hat aber auch schon danebengegriffen und nicht nur einmal. Als er vergangenen Sommer große Teile seiner Facebook-Aktien verkaufte, erwischte er den unglücklichsten Zeitpunkt überhaupt. Auch seinem Hedgefonds „Clarium Capital“ geht es nicht mehr gut. Zwar hatte Thiel vor der Finanzkrise richtig erkannt, dass Öl knapp wurde und Amerikas Wirtschaft gleichzeitig auf ein Drama zusteuerte. Allein im ersten Halbjahr 2008 machte der Fonds mehr als 50 Prozent Gewinn. Doch dann kam die Krise tatsächlich, und der Ölpreis sackte mit weg. Dass es so schlimm würde, hatte Thiel nicht geglaubt, der Fonds verlor insgesamt neun Zehntel seines Wertes. Die Investoren kritisierten Thiel dafür, dass er sich zu sehr auf seine Thesen verlassen hatte, die zwar im Prinzip richtig seien, aber einfach zur falschen Zeit kamen, und zu wenig Risikovorsorge getroffen hatte. Thiel selbst verweist auf die Gesetze und spricht weder über die Details seines Facebook-Engagement noch über die Details seines Hedgefonds.

Der Ökonom Tyler Cowen versteht Thiels Verhaltensweise vor allem dadurch, dass Thiel als Jugendlicher ein erfolgreicher Schachspieler war, zeitweise der siebtstärkste seiner Altersklasse in den Vereinigten Staaten. Vom Schach habe Thiel viel gelernt. „Wenn du im Schach unrecht hast, dann verlierst du“, sagt Tyler Cowen. „Peter versucht heute immer, seine Ideen an der Wirklichkeit zu testen, auch wenn er falsch liegt.“ Das heißt nicht, dass Thiel das Verlieren Spaß macht. Einst hat er nach einer verlorenen Partie die Steine vom Brett geworfen mit dem Satz „Zeige mir einen guten Verlierer, und ich zeige dir einen Verlierer“.

Ökonom Cowen hat von Peter Thiel viel Inspiration bekommen für sein Buch „The Great Stagnation“. Cowen argumentiert, dass das Wirtschaftswachstum mangels Innovationen gefährdet sei. Thiel wiederum fürchtet schon seit einigen Jahren, dass der Welt die Innovationen ausgehen. Vieles, wovon die Menschheit in den 50ern geträumt hat, ist nicht eingetreten – neue Transportmittel zum Beispiel oder neue Energiequellen. „Der Fortschritt ist heute langsamer als im 19. Jahrhundert.“

Thiel hat ein Stipendium ausgeschrieben. Jährlich bezahlt er 20 Schüler und Studenten unter 20 Jahren dafür, dass sie ihre Ausbildung abbrechen und ein Unternehmen gründen. Denn bis man einmal mit der Universität fertig ist, so findet Thiel, haben viele Leute zu viel gelernt und denken zu sehr im Mainstream.
Quelle: FAZ