Startups aus Berlin (german language) Nov30

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Startups aus Berlin (german language)

ja, das sind erstmal die 6Wunderkinder:
Das Unternehmen gilt als Liebling der Start-up-Szene, die Berlin mehr und mehr prägt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey ist die Internetwirtschaft mittlerweile für 21 Prozent des G8-Wirtschaftswachstums verantwortlich. Genau kann niemand sagen, wie viele Internet-Start-ups in der Hauptstadtregion in den vergangenen Jahren entstanden sind. „Für eine detaillierte Auflistung müsste man mal eine App erfinden“, scherzt Jan Martin. Jan Martin gehört zu den Wunderkindern, 6Wunderkinder, das klingt nach Erfolg und doch irgendwie unschuldig.
Mit seinen Freunden hat er einen kostenlosen Aufgabenplaner entwickelt, den weltweit mehr als 1,5 Millionen Menschen nutzen. Die meisten davon leben in den USA. Wunderlist haben die Gründer dieses Angebot genannt, auf das bald das Wunderkit folgen soll, eine Plattform, mit der Nutzer ihre Projekte online organisieren können. „Wunderkit wird ein Facebook für die Arbeit“, ist Jan Martin überzeugt. Und nicht nur er: Mitte November kündigte der Skype-Gründer Niklas Zennström an, mit seiner Investmentfirma Atomico 4,2 Millionen Euro in das junge Unternehmen zu investieren – für eine beschleunigte Produktentwicklung. Die vielen Neugründungen lassen immer mehr Investoren nach Berlin schauen, viele von ihnen eröffnen hier ein Büro. Das Unternehmen Springstar zum Beispiel, das auch in Russland, Indien, Brasilien oder der Türkei arbeitet, hat gerade 1400 Quadratmeter Bürofläche am Alexanderplatz angemietet, um seine Firmenzentrale in Berlin aufzubauen. „Im Moment arbeiten hier 140 Mitarbeiter“, sagt Springstar-Geschäftsführer Jonathan Teklu, „und wir haben noch Platz.“ Die Standortentscheidung für Berlin hänge auch damit zusammen, dass es hier ein starkes „Ecosystem“ gebe, also eine gute wirtschaftliche Infrastruktur, sowie eine aufstrebende Bewegung in der Internetbranche. „Je mehr Unternehmer es in dieser jungen Industrie gibt, desto besser“, so Teklu. Springstar versteht sich nicht als Investor, sondern als so genannter Inkubator, also eine Art Brutkasten. Das Unternehmen gibt Start-ups nicht nur Geld, sondern engagiert sich auch stark im operativen Bereich: „Es gibt hier viele Experten, die wir im Management, der Logistik, dem Online-Marketing oder der Softwarearchitektur einsetzen, damit die jungen Unternehmen Vollgas geben können.“ Davon profitieren derzeit Berliner Start-ups wie Gourmeo, Casacanda oder die Global Lead Group.

Christian Weiß, einer der Geschäftsführer von Rocket Internet, verweist ebenfalls auf das funktionierende Ecosystem in Berlin, das so in Europa einzigartig sei. „Der Grund für die Ansiedlung kommt noch aus der ersten Welle“, sagt Weiß. „Leute, die sich damals Ende der 90er Jahre eine blutige Nase geholt haben, sind heute als Business Angels unterwegs. Sie beraten junge Start-up-Gründer, um Fehler von damals zu vermeiden.“ Außerdem seien die Geschäftsmodelle klarer darauf ausgerichtet, auch Geld zu verdienen. Dazu kommt, dass Berlin einfach ein „heißes Pflaster“ ist: „Versuchen Sie mal, einen IT-Spezialisten aus Kalifornien dazu zu bewegen, nach Bielefeld zu ziehen. Keine Chance.“ Ihn nach Berlin zu locken, da sei kein Problem. Im Gegenteil.
Hier nochmal:
Start-ups
#1 6Wunderkinder GmbH |
Geschäftsführer: Christian Reber
Wöhlertstraße 12–13 | 10115 Berlin
Web: www.6wunderkinder.de

#2 Edarling Affinitas GmbH
Geschäftsführer: David Khalil
Kohlfurter Straße 41/43
10999 Berlin
Web: www.edarling.de

#3 Bettermarks GmbH
Geschäftsführer: Andreas Kwiatkowski
Reichenberger Straße 124
10999 Berlin
Telefon: 030 | 300 24 40 00
Web: www.bettermarks.com

#4 Laubwerk GmbH
c/o Beuth Hochschule
Geschäftsführer: Philip Paar
Business Innovation Centre
Kurfürstenstraße 141 | 10785 Berlin
Web: www.laubwerk.com

Inkubatoren & Seed:

#1 Geschäftsführer: Torsten Oelke
Französische Straße 24 | 10117 Berlin
Web: www.digitalbusinessfactory.de

#2 Rheingau Founders
Geschäftsführer: Philipp Hartmann
Ohlauer Straße 43 | 10999 Berlin
Web: www.rheingau-founders.com

Rocket Internet rockt, zu den prominentesten Beispielen zählen Groupon und Zalando. Rocket ist gut in der Kundenakquise, im Einsatz von Werbung, der Produktentwicklung und darin, den „Conversionflow“ einzuschätzen. „Conversion“ meint den Moment, in dem ein interessierter Nutzer zum Käufer wird. Rocket Internet wachse von Unternehmen zu Unternehmen, das der Inkubator auf die Beine stellt. Der Expansionskurs ist in dem Fabrikgebäude unweit des Senefelderplatzes, das einst die „Alte Mälzerei“ beherbergte, zu spüren. Langsam, aber sicher breitet sich Rocket Internet samt der beiden Tochterunternehmen Billypay und Plinga auf mehreren Etagen aus.
In dem acht Quadratmeter großen Besprechungsraum hängen herrenlose Kabel aus den Wänden, in der Mitte stehen ein schlichter Tisch und zwei Bürostühle. Tageslicht fällt nur durch eine Milchglasscheibe und eine Glastür, die den Raum vom Rest des Großraumbüros trennt, in dem junge Männer mit Kapuzenshirts vor großen Monitoren sitzen. „Wir befinden uns hier an einem historischen Ort“, sagt Weiß, ohne sein Redetempo zu drosseln. „denn hier wurde Zalando gegründet.“ Er berichtet von den Anfängen, als die beiden Gründer Robert Gentz und David Schneider just in diesem Minibüro die ersten Schuhbestellungen entgegennahmen, sich die Kartons mit Flip-Flops stapelten, die sie mehrmals am Tag zur Post brachten. Kaum zu glauben, dass das gerademal knapp drei Jahre her ist.

Als Inkubator unterstützt Rocket Internet zwar auch kleinere Unternehmen wie Fashion4home zwei Gründer, die Designermöbel auf Online-Bestellung produzieren, aber eigentlich interessiert sich der Geldgeber inzwischen für Unternehmen, die den Massenmarkt im Auge haben. „Die Geschäftsideen kommen meistens von uns“, sagt Christian Weiß. „Dann suchen wir geeignete Gründer, also Schlüsselpersonal, um das Business aufzubauen.“ Logistik, Ressourcen und Infrastruktur stellt Rocket bereit. Die Firmen werden also gemeinsam gegründet – als GmbHs. Weiß‘ Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die Teams zusammenzustellen und entsprechende Kompetenzen zusammenzuführen.
Aus dem Schoß von Rocket stammt auch die Online-Partnervermittlung Edarling, zu deren Gründern David Khalil gehört. Zuvor hat er selbst bei Rocket gearbeitet. Khalil wechselte die Seiten und legte sich sozusagen in den Brutkasten von Rocket. „Das ist natürlich keine besonders spannende Art zu gründen“, sagt der 29-Jährige, der heute mit 250 Mitarbeitern in einer Kreuzberger Fabriketage für seine Kunden nach dem idealen Partner sucht. Auch wenn er sich selbst für einen abgesicherten Weg entschieden hat, ist Khalil von einem überzeugt: „Im Internet kann man viel ausprobieren.“ Das gebe jungen Gründern auch die Möglichkeit, Fehler zu machen.

Ein paar Gehminuten weiter sitzt Andreas Kwiatkowski in einem Hinterhof vor seinem Rechner und erklärt sein neues Projekt Bettermarks, das so ganz anders ist als jenes, mit dem er bekannt wurde: Immoscout24. Mit diesem Programm können die Schüler in ihrem Tempo selbstständig lernen. „Und die Lehrer könnten gleichzeitig überprüfen, ob ihre Schüler die Mathelektionen verstanden haben“, sagt Kwiatkowski und lächelt die Benutzeroberfläche an. Bildung ist für den Gründer von Immoscout24 eines der kommenden Themen im Start-up-Bereich. Er hat den Mathetrainer 2008 mit ein paar Kollegen gegründet und feilt nun mit seinem 70-köpfigen Team daran, das Angebot weiterzuentwickeln. Das Programm arbeite wie ein Mathelehrer. Es habe zwar nicht dessen Empathie, dafür aber Geduld. Im Vergleich zu seinen früheren Gründungen kann der 49-Jährige keinen großen Unterschied feststellen: „Ich glaube, das Lebensgefühl für mich als Gründer unterscheidet sich bis auf den Altersunterschied nicht sonderlich.“ Wichtig sei immer die Begeisterung für eine Idee und deren Nutzen. „Wenn ein Start-up viele relevante Probleme löst, entsteht dabei immer auch ein Wert.“

Thorsten Oelke hat – ähnlich wie Andreas Kwiatkowski– die erste Welle miterlebt und als Unternehmer sein erstes Start-up zur Zeit der New Economy gegründet. Er erinnert sich noch gut an die Zeit Ende der 90er Jahre, bevor die New-Economy-Blase platzte, als man in Fabriketagen Unternehmen gründete und sich als eine große Familie empfand. Nach dem Hype war er einige Jahre als Unternehmensberater tätig, schrieb ein Buch über die erste Generation der Start-ups und initiierte die Innovationsplattform „You is now“, die Immobilienscout24 zum Erfolg führte. Inzwischen beteiligt sich der promovierte Jurist am Aufbau junger Unternehmen aus den Bereichen Internet und Mobile. 2008 gründete er „Digital Business Factory“, ein Unternehmen, das digitale Lösungen für die „Old Economy“ anbietet. Dazu kommt die neu gegründete Schwestergesellschaft „Mobile Business Factory“, die sich auf große Kunden wie Mercedes Benz oder Bertelsmann spezialisiert hat. Für den Verlagskonzern hat Mobile Business Factory „Books around“ entwickelt, eine App, die Buchinhalte mit Orten verknüpft. Steht man beispielsweise am Alexanderplatz, kann man sich flugs Döblins Romanklassiker auf das mobile Endgerät laden. „Denkt man die Idee weiter, könnten problemlos noch mehr ortsgebundene Informationen eingebunden werden, etwa Lesungen von Autoren, die am Aufenthaltsort des Nutzers gerade stattfinden“, sagt Oelke.

Er ist überzeugt davon, dass der Markt weiterhin wachsen wird, denn „die Apps sind die neuen Websites“. Die Zukunft liege ganz klar im digitalen, mobilen Bereich. Seine Factory entwickle dafür nachhaltige Lösungen – mit Erfolg. Innerhalb eines halben Jahres stieg die Zahl der Mitarbeiter in der „Mobile Business Factory“ von drei auf 30 Mitarbeiter an. „Wir suchen laufend neue Mitarbeiter – für alle Bereiche“, sagt er, denn die Branche ist jung.

Das Büro der Digital Business Factory am Gendarmenmarkt ist funktional ausgestattet, auch wenn es Räume gibt, die sich „Quiet Zone“ oder „Comfort Zone“ nennen. In letzterem stehen Sofas und bequeme Ledersessel, an den Wänden hängen selbst gezeichnete Comic-Motive mit motivierenden Schlagworten wie „Pursue“, „Embrace“ oder „Learning“, die die „Values“ des Unternehmens transportieren sollen. Das erinnert dann doch stark an die späten 90er Jahre. „Eigentlich leben wir erst heute das, was die New Economy damals wollte, nämlich keinen Unterschied mehr zu machen zwischen Arbeit und Spaß“, sagt Oelke.
Berlin nehme diese Entwicklung im positiven Sinne vorweg. Zwar sei Berlin kein zweites Silicon Valley, aber die „europäische Antwort auf Silicon Valley“. Oelke prognostiziert, dass „die digitale Wirtschaft in fünf bis zehn Jahren einer der Kernwirtschaftssektoren in Berlin“ sein werde. Denn die Kreativität gehe von Berlin aus und funktioniere deshalb so gut, weil Mangel Einfallsreichtum generiert: arm, aber sexy. Und kostengünstig. Letztlich entscheide ohnehin der Markt über den Erfolg eines Geschäftes. Das Neue daran – im Vergleich zur ersten Welle – sei jedoch, dass sich der Markt in der digitalen Wirtschaft schneller und preisgünstiger befragen lasse.